Zwei Bäckerinnen vor einem Ofen
Nadine Heß
Meisterinnen-Duo mit konkreten Ideen (v. l.): Johanna Lenhardt und Lea Wagner wollen als Bäckermeisterinnen ihre Familienbetriebe in die Zukunft führen. Als amtierende deutsche Meisterinnen im Bäckerhandwerk repräsentieren sie außerdem das Bäckerhandwerk auf nationaler und internationaler Bühne.

Können und Zukunft im Doppelpack

Eine Backstube, die unmittelbar an den Verkaufsraum grenzt. Hier sind die Wege kurz, denn vom Ofen bis in die Auslage sind es nur wenige Schritte. "Hinten wird gebacken, vorne verkauft", fassen Lea Wagner und Johanna Lenhardt zusammen, was sie beide seit ihrer Kindheit kennen. Denn beide sind in und mit ihren Familienbetrieben aufgewachsen – kleine Bäckereien, Versorgungs- und Treffpunkte mitten im Ort. Sie zu erhalten und in die Zukunft zu führen liegt beiden Bäckermeisterinnen am Herzen. Genauso wie das Bäckerhandwerk mit all seiner Kreativität und Vielfalt – und trotz der gegenwärtigen Herausforderungen.

 

Meisterinnen-Duo auf Instagram

@breadartists, also "Brotkünstler" – so heißt der Instagram-Kanal, auf dem das Meisterinnen-Duo Einblicke in seine Arbeit gewährt.

Meisterinnen-Duo

Lea Wagner und Johanna Lenhardt sitzen an diesem Samstagmittag in der Wohnstube von Lea Wagners Elternhaus in Aschfeld im Landkreis Main-Spessart. Unten in der Backstube wird gerade aufgeräumt, im Laden erledigen die letzten Kunden ihre Besorgungen fürs Wochenende. Eine vollgepackte Woche liegt hinter den beiden Bäckermeisterinnen: Lea Wagner unterrichtet montags bis freitags an der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim. Johanna Lenhardt ist fest im Betrieb ihrer Eltern in Oberelsbach eingebunden, kümmert sich dort um Büro, Produktion und Verkauf. Zeit durchzuatmen hatten die beiden 27-Jährigen in den vergangenen Wochen wenig. Nicht nur wegen des Berufs, sondern vor allem wegen des Erfolgs, den sie Ende Oktober bei der Deutschen Meisterschaft im Bäckerhandwerk erreicht haben. Das Duo krönte sich dort mit dem deutschen Meistertitel im Bäckerhandwerk.

Bäckerinnen am Backofen, schieben Brote hinein
Nadine Heß

Der Weg vom Meister zur Meisterschaft

"Uns war nicht klar, auf was wir uns da einlassen", erzählt Johanna Lenhardt und lacht. Im Herbst 2022 hatten sie und Lea Wagner die Entscheidung getroffen, an der deutschen Meisterschaft teilzunehmen. Beide besuchten damals gemeinsam die Meisterschule, nutzten die freie Zeit neben dem Lernen, um sich intensiv vorzubereiten. Ein knappes Jahr probierten sie Rezepte aus, erkundeten die Eigenschaften verschiedenster Teigarten, backten Brote und kreierten auch immer wieder Schaustücke. Das kunstvolle Meisterwerk aus Teig, das eher einer Skulptur ähnelt, war eine Aufgabe, die die beiden im Wettbewerb der Deutschen Meisterschaft auf der Fachmesse Iba in München zu meistern hatten. "Im Wettbewerb kommt es auf hohe Genauigkeit an. Das ist etwas, das sich komplett von der täglichen Arbeit in der Backstube unterscheidet und das haben wir natürlich intensiv trainiert", beschreibt Lea Wagner die Herausforderung. Trotz der akribischen Vorbereitung sei dann im Wettbewerb auch einiges schiefgegangen. "Es war eine Maschine kaputt, uns ist das Brot leicht verbrannt und das Schaustück ist auch teilweise eingebrochen“, erinnern sich die beiden Bäckermeisterinnen und können doch darüber schmunzeln. "Letztlich wussten wir, dass wir uns aufeinander verlassen können und haben einfach weitergemacht", sagt Lea Wagner. Das eingeschworene Team belohnte sich schließlich mit dem deutschen Meistertitel – ein Erfolg, den beide erst langsam realisieren können.

Bäckerinnen füllen gemeinsam Mehl in eine Schüssel auf einer Waage
Nadine Heß
Als "schönsten Beruf der Welt" bezeichnen die beiden Bäckermeisterinnen ihr Handwerk. Vor allem Kreativität und Regionalität liegen ihnen dabei am Herzen.

Heimat im Herzen

Zurück in ihren Betrieben schmieden die beiden Meisterinnen nun Zukunftspläne. Gemeinsame und eigene. Als Neu-Mitglieder in der Nationalmannschaft des Bäckerhandwerks werden sie in den nächsten Monaten und Jahren für ihren Beruf werben. Auch Trainingseinheiten als Vorbereitung auf weitere Wettbewerbe stehen an. Wenn man mit den beiden spricht, wird jedoch deutlich, dass sie ihre Zukunft nicht ausschließlich auf großen Bühnen sehen, sondern in den heimischen Backstuben. "Mir lag es schon immer am Herzen, dass es mit unserem Unternehmen weitergeht", formuliert es Johanna Lenhardt. Wie sehr, zeigt vielleicht auch die Schutzmaske, die sie in der Backstube trägt. "Ich habe eine Mehlstauballergie und hatte dadurch früher wirklich starke Beschwerden, wenn ich gearbeitet habe. Jetzt setze ich die Maske auf und alles ist gut", berichtet sie.

Bäckerinnen halten beide ein Brot in die Kamera
Nadine Heß

Wandel gestalten

Beide Meisterinnen erleben den Wandel und die Herausforderungen, denen ihr Gewerk gegenübersteht, im Berufsalltag hautnah mit. Die aktuell hohe Inflation, steigende Energiepreise und der Fachkräftemangel gehören dazu, ebenso wie ein Wandel in Produktionsweisen oder im Konsumverhalten der Kunden. Doch beide betrachten diese Transformation als Chance, wollen eigene Ideen umsetzen und so die Zukunft ihrer Familienbetriebe und des Bäckerhandwerks mitgestalten. "Es ist ein Prozess, an dessen Ende sich Regionalität und Nachhaltigkeit durchsetzen werden", ist sich Johanna Lenhardt sicher. Auch Lea Wagner sieht das so und steht wie ihre Meisterkollegin schon mit eigenen Ideen in den Startlöchern. Denn eines steht für beide fest: Das Bäckerhandwerk ist der schönste Beruf der Welt. Und in diesen schönsten Beruf der Welt stecken sie all ihre Leidenschaft und ihr Herz.

Bäckerin vor einem Ofen
Nadine Heß

Bäckerin vor einem Ofen
Nadine Heß