Schöne neue Arbeitswelt?
Wie ticken junge Menschen, die jetzt in den Arbeitsmarkt starten? Und wie können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Bedürfnisse dieser Generation aufgreifen, um sie als Fachkräfte zu gewinnen und an ihr Unternehmen zu binden? Antworten auf diese Fragen erforscht Hartwin Maas von Institut für Generationenforschung in Augsburg. Im Interview spricht er über die Arbeitswelt der Zukunft und die Herausforderungen, denen sich auch das Handwerk stellen muss, um die junge Generation nachhaltig für sich zu begeistern.
Herr Maas, in kurzen Worten: Wie tickt die Generation, die jetzt in die Arbeitswelt einsteigt?
Junge Menschen, die jetzt in die Arbeitswelt starten, sind in nahezu allen Bereichen digital geprägt. Sie wachsen mit der Digitalisierung auf und nehmen das Digitale als etwas vollkommen Natürliches wahr. Durch die sozialen Medien sind sie auch schnelles und meist positives Feedback gewohnt. Und das ist etwas, was sie auch im Arbeitsumfeld erwarten. Im Gegensatz dazu bewegen sie sich in der klassischen analogen Welt teilweise aber unsicher.
Können Sie für den letzten Punkt ein Beispiel nennen?
Wir haben in unseren Untersuchungen erlebt, dass diese durch und durch digitale Generation sich beispielsweise schwertut, fremde Menschen anzurufen. Sie überspielen diese Unsicherheit, indem sie das Telefonieren als ineffizient darstellen und lieber eine E-Mail schreiben.
Nun wissen wir alle, dass zum Arbeitsalltag auch Telefonate gehören. Wie kommen Vorgesetzter und Nachwuchskraft hier zusammen?
Der erste Impuls wäre es natürlich, als Vorgesetzter ein solches Verhalten zu kritisieren. Aber erinnern Sie sich: Die junge Generation ist durch die sozialen Medien geprägt. Sie erwartet zwar schnelles Feedback, aber es muss entsprechend formuliert sein. Kritik wird von ihnen ganzheitlich aufgefasst, was die Führung anspruchsvoller macht.
Wie verändert sich Mitarbeiterführung durch diese Rahmenbedingungen konkret?
Kommunikation, Dokumentation und auch Projektmanagement nehmen immer mehr Raum ein. Wir sehen, dass sich dadurch die Tätigkeitsprofile von Führungskräften in den vergangenen Jahren bereits stark gewandelt haben. Auch die Ausbildung befindet sich natürlich in einem ständigen Wandel. Durch die Digitalisierung ändern sich klassische fachliche Aufgaben und fallen vielleicht sogar ganz weg. Dafür nimmt die Vermittlung von Kompetenzen wie Kommunikationsstärke oder interdisziplinärem Arbeiten auch in der Ausbildung zu.
Ein durchschnittlicher Handwerksbetrieb in Unterfranken hat rund fünf Mitarbeitende, ist so ein Wandel im kleinen Team nicht viel schwerer zu gestalten?
Ich sehe das ganz klar als Chance, denn Unternehmerinnen und Unternehmer im Handwerk sind viel näher an ihren Mitarbeitenden. Jeder ist hier ein wichtiger Teil des Betriebes und kann sich persönlich einbringen. Gerade für junge Menschen kann das ein positives Argument sein. Sie werden im Handwerk auf Augenhöhe wahrgenommen, arbeiten in einem familiären Umfeld und können selbst mitgestalten.
Gemeinsam anstatt von oben herab – das klingt nach schöner Zukunftsmusik…
Natürlich müssen sich Unternehmen dafür öffnen, aber es gibt auch aus dem Handwerk bereits viele Beispiele, die zeigen, dass diese Art der Führungskultur Erfolg verspricht.
Bei welchen Themen können Unternehmen in Sachen Mitbestimmung konkret ansetzen?
Zum Beispiel können Sie gemeinsam mit den Mitarbeitenden Weiterbildungskonzepte entwickeln. Auch in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt großes Potential. Wichtig ist es auch, von Beginn an Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen.
Eine solche Perspektive kann eine spätere Selbstständigkeit sein. Diese Art der beruflichen Selbstverwirklichung ziehen jedoch zu wenige junge Menschen in Betracht. Warum?
Das Problem ist hier oftmals das Narrativ, das gerade von älteren Unternehmern oftmals noch bedient wird. Dass es viel Arbeit bedeutet, man etwas leisten muss und wenig Freizeit hat. Das schreckt junge Menschen natürlich ab. Besser wäre es, aktiv und positiv die Chancen aufzuzeigen und zu erklären, das Unternehmertum Gestalten und Wirken bedeuten kann.
Bevor junge Menschen im Betrieb eingebunden werden können, müssen sie als potentielle Auszubildende erst einmal angesprochen werden. Wie können Handwerksbetriebe diese Ansprache erfolgreich gestalten?
Auch hier geht es darum, überholte Narrative, die leider noch bis tief in die Gesellschaft wirken, aufzubrechen. Es heißt nicht umsonst, dass im Handwerk die glücklicheren Menschen arbeiten. Man sieht, was man erschaffen hat, erhält direkt Feedback von Kollegen, Kunden und auch vom Vorgesetzten. Außerdem gibt es im Handwerk durchaus die Möglichkeit, gut zu verdienen – und zwar in einem Alter, in dem eine gute finanzielle Basis wichtig ist. All das sollte kommuniziert werden.
Zum Abschluss: Welchen Tipp können sie Betriebsinhaberinnen und -inhabern mit auf den Weg geben, wie sie die junge Generation für ihr Handwerk begeistern können?
Es bringt nichts in wertenden Kategorien zu denken, zu glauben, dass junge Menschen heute weniger leistungsfähig oder weniger gebildet sind. Wichtig ist es, offen zu sein, junge Menschen abzuholen und sich dafür bewusst Zeit zu nehmen. Es geht hier nicht um einen kompletten Wandel, aber darum sich gegenseitig zu verstehen und gemeinsam zu arbeiten.