Arbeitsplatz: Antarktis
Es gibt Arbeitsplätze, die würden Handwerkerinnen und Handwerker um nichts in der Welt eintauschen. Für den Dachdecker ist es vielleicht der Blick vom Dach an einem sonnigen Frühlingsmorgen. Für die Bäckerin die Backstube mit ihrem Duft nach frischen, knusprigen Broten und für den Landmaschinenmechatroniker der Platz hoch oben im Führerhaus eines supermodernen Schleppers. Für Johannes Schötz ist dieser Arbeitsplatz das ewige Eis. Denn der Elektrotechniker arbeitet aktuell auf der Polarstation Neumayer III, einer deutschen Forschungsstation in der Antarktis, wo ganzjährig Polar-, Klima- und Meeresforschung betrieben wird. Hier gehört der 32-Jährige, der ursprünglich aus Oberschwarzach im Landkreis Schweinfurt stammt, zum zwölfköpfigen Überwinterungsteam und ist gemeinsam mit dem Stationsingenieur für die Instandhaltung und Wartung der technischen Anlagen verantwortlich. "Zu zweit kümmern wir uns um unterschiedlichste Bereiche von der Wartung von Fahrzeugen, über die Funk- und Sicherheitstechnik bis hin zu den Anlagen für die Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung", beschreibt er seinen Arbeitsalltag in der Antarktis. Als Techniker gewährleistet Johannes Schötz den Betrieb der Station und damit die Arbeit des interdisziplinären wissenschaftlichen Teams auf der Neumayerstation.
Weltweit im Einsatz
USA, Australien, Neuseeland – auch als Johannes Schötz seinen Arbeitsplatz noch in Unterfranken hatte, war er bereits weltweit im Einsatz. Seine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik absolvierte der heute 32-Jährige bei Göpfert Maschinenbau in Wiesentheid. Für diesen Arbeitgeber war er im Anschluss auf fast allen Kontinenten unterwegs, um dessen Maschinen vor Ort in Betrieb zu nehmen und Schulungen durchzuführen. „Ich war schon immer neugierig auf die Welt“, sagt der Elektrotechniker. Und deshalb war er auch neugierig, als ihm während seiner Weiterbildung zum Techniker ein Dozent von jenem Kontinent erzählte, den man nicht so einfach bereisen, geschweige denn dort arbeiten kann. „An der Neumayer-Station in der Antarktis hat mich genau das gereizt. Aber natürlich habe ich mir auch Gedanken über die Isolation gemacht, in die man sich dort begibt.“ Denn die Station ist nur mit dem Flugzeug erreichbar und das auch nur während des Polarsommers. Nach langem Überlegen entschied sich Johannes Schötz, eine Bewerbung zu schreiben.
Antarktischer Arbeitsalltag
Mittlerweile lebt und arbeitet er seit über vier Monaten auf der Polarstation und hat sich auf den antarktischen Arbeitsalltag eingestellt. „Das Spannende ist der vielseitige Einsatz, ich arbeite in Bereichen, die nicht zu meiner ursprünglichen Profession gehören“, berichtet er. Darauf vorbereitet haben ihn mehrere Monate intensive Schulungen, in denen er gemeinsam mit seinem Teamkollegen Hersteller besucht und die in der Station verbaute Technik bis ins Detail kennengerlernt hat. Seine handwerkliche Ausbildung sei dafür eine solide Basis, noch wichtiger aber die Erfahrungen, die er während seiner Einsätze für frühere Arbeitgeber gesammelt hat. „Ich habe durch meine Erfahrung im technischen Service gelernt, Fehler schnell zu erkennen, ganzheitlich zu denken und nachhaltige Lösungen zu suchen. Genau das kommt mir hier zugute“, erklärt er. Um in Notfällen schnell reagieren zu können, sei es zudem wichtig, dass alle vor Ort eng zusammenarbeiten. „Wir unterstützen uns gegenseitig und packen mit an, wo Hilfe benötigt wird“, beschreibt es Johannes Schötz.
Mitte Mai wird über der Station die Polarnacht anbrechen, dann wird die Sonne sich für mehrere Wochen nicht mehr zeigen. „Ich freue mich auf diese Zeit, den Sternenhimmel und die Polarlichter, die dann über uns am Himmel sausen“, schwärmt Johannes Schötz. Die Antarktis so hautnah zu erleben, sei eine Freude, auch wenn gerade jetzt viele Stürme toben. „Sie bringen die Station zum Wackeln, aber wenn ich gebraucht werde, muss ich trotzdem raus“, sieht Johannes Schötz es pragmatisch. Entlohnt wird der 32-Jährige vor allem mit den faszinierenden Seiten seines aktuellen Arbeitsplatzes: den spektakulären Sonnenaufgängen und Sonnenuntergängen in strahlendem Orange über dem Horizont und der wilden Natur auf jenem Kontinent, den nur wenige Menschen bereisen können.
Besonders freut er sich auch auf die Zeit ab Ende Juli, wenn die Sonne zurückkehren wird. „Dann bin ich draußen und lasse mir die ersten Sonnenstrahlen aufs Gesicht scheinen“, schmunzelt Johannes Schötz. Noch bis Januar 2025 wird die Antarktis sein Arbeits- und Lebensmittelpunkt sein. Wohin es danach geht? „Das weiß ich noch nicht“, sagt der 32-Jährige und fügt lachend hinzu: „Ich bin für alles offen und immer noch neugierig auf die Welt.“
Deutsche Forschungsbasis in der Antarktis
Von Kapstadt über mehr als 4.000 Kilometer Luftlinie nach Süden erreicht man das Ekström-Schelfeis im atlantischen Sektor der Antarktis. Genau hier befindet sich die deutsche Forschungsstation Neumayer III, die vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung betrieben wird. Das ganze Jahr über arbeiten hier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. Sie erforschen das Magnetfeld der Erde, Klimaveränderungen und viele weitere Bereiche. Im polaren Sommer leben und arbeiten bis zu 50 Menschen auf der Station, jetzt im Polarwinter nur ein kleines Kernteam, das so genannte Überwinterungsteam. Das Gebäude der Polarstation verfügt über fünf Etagen und ist auf einer Plattform gebaut, die hydraulisch angehoben werden kann. Auf diese Weise hält die Konstruktion den Bewegungen von Eis und Schnee stand. Den Betrieb der vielfältigen Anlagen der Station mit Blockheizkraftwerk, Windkraftanlage, Schmelzwasseraufbereitung und mehr gewährleistet das Technikteam, dem Johannes Schötz aktuell angehört.