Auszubildende auf Bagger, Dozent leitet an
Henning Düber
Zum ersten Mal auf einem Bagger. Unter der Anleitung von Dozent Peter Schäfer, gräbt Amelie Ammermann ihr erstes Grab aus. Foto

Fachkräftemangel? Nachwuchsprobleme? Nicht bei Bestattern!

Der Bagger brummt leise, als Amelie zum ersten Mal den Joystick in die Hand nimmt. Ihre Finger schwitzen leicht – nicht vor Angst, sondern vor Respekt. Vor ihr liegt ein großes abgestecktes rechteckiges Stück Erde, das bald zu einer letzten Ruhestätte werden soll. Für viele mag dies nur ein technischer Vorgang sein, für Amelie Ammermann ist es ein besonderer Moment: Zum ersten Mal gräbt sie im Rahmen ihrer Ausbildung zur Bestattungsfachkraft ein Grab aus. „Ich kenne keinen Beruf in dem man so viel Dankbarkeit und Ehre von den Angehörigen und den Verstorbenen erfährt. Diese Wertschätzung ist etwas ganz besonderes,“ sagt Sie. Die 17-jährige kann sich keinen anderen Beruf dieser Welt vorstellen.

Amelie Ammermann war 14 Jahre alt, als sie ihr erstes Praktikum bei einem Bestatter machte. "Als kleines Mädchen wollte ich eigentlich Gerichtsmedizinerin werden", sagt die gebürtige Oldenburgerin. Ab dem ersten Tag dieses Praktikums war allerdings klar, dass Sie eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft machen möchte.

Theo-Remmertz-Akademie: Kompetenzzentrum für das Bestatterhandwerk

Im Rahmen ihrer Ausbildung kommt Sie in regelmäßigen Abständen ins unterfränkische Münnerstadt. Hier befindet sich ein bundesweit einzigartiges Kompetenzzentrum für das Bestattungsgewerbe: die Theo-Remmertz-Akademie. Das Bundesbildungszentrums der Bestatter dient als zentraler Ort der überbetrieblichen Ausbildung (ÜLU) für angehende Bestattungsfachkräfte. Zudem ist die Akademie das Herzstück für die berufliche Qualifizierung in einem anspruchsvollen Handwerk.

Rund 1000 Auszubildende nehmen jährlich an den Kursen teil. Das Ausbildungszentrum bietet mit Lehrfriedhof, Werkstätten, Hygieneräumen und einem Gästehaus sehr gute Bedingungen für mehrtägige Kurse. Neben der praktischen Ausbildung in Bereichen wie Hygieneverfahren, Trauerdruck oder Grabtechnik, steht auch die persönliche Ansprache von Trauernden im Fokus.

Doch die Akademie richtet sich nicht nur an den Nachwuchs: Fort- und Weiterbildungsangebote für Fachkräfte werden ebenfalls in regelmäßigen Abständen in Münnerstadt angeboten. Ob Geprüfter Bestatter, Thanatopraktiker, Kremationstechniker oder Bestattermeister.

Mit Dozentinnen und Dozenten aus Praxis, Psychologie, Recht und Betriebswirtschaft bietet die Akademie fundiertes Fachwissen – und leistet daher nach eigenen Aussagen einen wertvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Anerkennung des Bestatterhandwerks.

Vom Totengräber zum absoluten Allrounder

Auch wenn Menschen seit jeher bestattet worden sind, wurde die Ausbildung zum Bestatter in Deutschland erst vor 20 Jahren offiziell als Lehrberuf anerkannt. Seitdem entwickelt sich das Berufsbild immer weiter. Aussagen wie Totengräber oder Leichenbestatter gehören längst der Vergangenheit an, so Kay Seemann, Bestattermeister und Dozent in der Akademie. Der Facettenreichtum, den der Beruf mitbringt ist seit Jahren gewachsen. "Man muss wirklich ein absoluter Allrounder sein. Handwerker, Psychologie, Eventmanager aber auch juristische Kenntnisse sind mittlerweile extrem wichtig," sagt Seemann, der selber ein Bestattungsunternehmen in Hamburg leitet. Und genau die Vielfalt mache den Beruf auch so attraktiv, denn Fachkräftemangel oder Nachwuchsprobleme habe die Branche nicht, so Seemann weiter. „Die Unternehmen werben auf Social Media, präsentieren ihren Beruf. Auch in der Gesellschaft gibt es einen Wandel und das Thema Tod wird nicht mehr unter den Tisch gekehrt“

Amelie hat mittlerweile das Grab ausgehoben. Lob gibt es dabei von ihrem Dozenten. Daheim in Oldenburg arbeitet mittlerweile auch Amelie Vater, von Haus aus Tischler, in ihrem Ausbildungsbetrieb. Natürlich gibt es auch Momente, die Amelie nah gehen. Gemeinsam mit ihrem Vater kann Sie aber über die Momente sprechen, die sie beschäftigen – und wenn die Familie mal nicht greifbar ist, dann setzt sich Amelie hin und schreibt diese Gedanken einfach auf.