
Vorstellung des Positionspapiers „Zukunftsraum Handwerk“ auf dem Streetboxareal in Niederwerrn (v. l.): Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer für Unterfranken, Bettina Bärmann, 1. Bürgermeisterin Niederwerrn und stv. Landrätin Landkreis Schweinfurt, Frank Riedel, Geschäftsführer Procimmo Deutschland GmbH, Henrik Strate, Standortberater Handwerkskammer Hamburg, und Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken.
Zukunftsraum Handwerk: Positionspapier liefert Impulse zur Entwicklung handwerklicher Infrastruktur
42 Boxen, je 100 Quadratmeter groß, die auf zwei Etagen Raum für Lager und Büro eines Elektrobetriebes oder einen Friseursalon mit angeschlossenem Kosmetikstudio bieten: Das Modell Streetbox an der Bundestraße 303 unweit der Autobahnabfahrten Werneck und Euerbach steht beispielhaft für innovative Lösungen, um kleine und mittlere Betriebe in Kommunen anzusiedeln. Das Gelände bot deshalb einen idealen Rahmen für die Vorstellung des Positionspapiers "Zukunftsraum Handwerk – Strategien zur Entwicklung der regionalen Wirtschaft", zu der die Handwerkskammer für Unterfranken Ende September zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen einlud.
"Handwerksbetriebe sind der Motor der Kommunen, sie ziehen Investitionen an und sichern Wirtschaftskraft vor Ort", betonte Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken, in seiner Eröffnung. Mit fast 20.000 Betrieben, 93.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 13 Milliarden Euro bildet das unterfränkische Handwerk eine tragende Säule der regionalen Wirtschaft. Und Handwerksbetriebe leisten innerhalb kommunaler Strukturen noch viel mehr: Sie schaffen Ausbildungsplätze, bieten wohnortnahe Arbeitsmöglichkeiten und stärken durch ehrenamtliches Engagement das Vereinsleben.
"Unser Positionspapier soll Kommunen und Planern als Leitfaden dienen. Es bietet praktische Impulse und zeigt, wie sich handwerkliche Infrastruktur entwickeln lässt", erklärte Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken. Checklisten und Bedarfsprofile nach Gewerbegruppen liefern konkrete Planungshilfen. Das Positionspapier benennt zudem Anforderungen wie Stromanschlüsse, Parkflächen und weiter bautechnische Details, die handwerksfreundliche Rahmenbedingungen schaffen.
Heimat für Handwerksbetriebe bieten
Im Rahmen der Veranstaltung zeichnete Bettina Bärmann, erste Bürgermeisterin von Niederwerrn sowie stv. Landrätin des Landkreises Schweinfurt, die Ansiedlung des Streetbox-Areals in ihrer Gemeinde nach. Entstanden ist es auf einer ehemaligen Militärfläche mit dem Ziel mehr wirtschaftliche Vielfalt vor Ort zu ermöglichen. "Ob Startup, Kleinst- und Kleinbetriebe oder Gründer verschiedenster Branchen – sie alle tragen zu dieser Vielfalt und damit zur wirtschaftlichen Stabilität für uns als zweitgrößte Kommune im Landkreis Schweinfurt bei", betonte sie.
Auf dem Streetbox-Areal in Niederwerrn sollen sich nun nach und nach Unternehmen ansiedeln. Mit einigen Interessenten sei man bereits im Gespräch, für Vermietung oder Kauf einer Box könnten Betriebe jederzeit auf ihn zukommen, betonte Frank Riedel, Geschäftsführer der Procimmo Deutschland GmbH, die das Konzept in Deutschland vermarktet: "Wir möchten Unternehmen dauerhaft eine Heimat bieten und sehen uns als Flächenpartner von Startups, KMU und Handwerksbetrieben."
Erfolgsbeispiel im urbanen Raum
Aus urbaner Sicht berichtete Henrik Strate, Standortberater der Handwerkskammer Hamburg, über Konzepte zur Ansiedlung von Handwerksbetrieben. In der Hansestadt hat die Handwerkskammer aufgrund einer gemeinsamen Vereinbarung mit dem Senat und mit Mitteln der Hamburger Bürgerschaft das Projekt "Meistermeile" umgesetzt. "Im urbanen Raum sehen sich Handwerkbetriebe bereits seit knapp 20 Jahren der Verdrängung durch Wohnungsbau und in deren Folge steigenden Preisen ausgesetzt", erläuterte er.
Mit der Meistermeile, die auf einer Fläche von 11.000 Quadratmetern Platz für 100 Einheiten bietet, sei es gelungen, Gewerbeflächen für die Bedürfnisse von Handwerksbetrieben zu schaffen. Um Projekte wie diese zu realisieren bedürfe es starker Allianzen zwischen Handwerk und Kommunen, zeigte sich der Standortberater überzeugt. Auch Niederwerrns Bürgermeisterin Bettina Bärmann betonte: "Vor allem der Mittelstand benötigt flexible und kurzfristige Lösungen. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik ist entscheidend." Einen klaren Fahrplan für diese Zusammenarbeit bietet ab sofort das Positionspapier der Handwerkskammer, das nun alle Kommunen in Unterfranken erhalten sollen.
Einschätzungen zum Positionspapier
Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken
"Mit unserem Positionspapier möchten wir Kommunen in Unterfranken einen klaren Fahrplan an die Hand geben, der aufzeigt, wie Handwerk in einer Gemeinde entwickelt werden kann. Es beschreibt konkrete Anforderungen und Rahmenbedingungen für die Ansiedlung und benennt Synergieeffekte. Checklisten und Bedarfsprofile zeigen die Bedürfnisse von Handwerksbetrieben bzw. Handwerksgruppen auf und bieten praktische Unterstützung für den Planungsprozess."
Bettina Bärmann, erste Bürgermeisterin Niederwerrn/stv. Landrätin des Landkreises Schweinfurt
"Handwerksbetriebe bereichern Gemeinden wirtschaftlich und sozial. Als Kommune unterstützen wir, indem wir bürokratische Hürden senken und Verfahren erleichtern. Bei der Ansiedlung auf dem Streetboxareal haben wir gemeinsam mit dem Landkreis Baugenehmigungen für Handwerksbetriebe deutlich erleichtert. Gewisse Gewerke, die denselben Emissionsschutzwert haben, können eine pauschale Baugenehmigung erhalten, die in Anmietung bzw. Kauf bereits enthalten ist."
Thomas Fischer, erster Bürgermeister Nordheim v. d. Rhön
"Wir haben eine Spedition auf dem Gelände des Bauhofs gekauft, um dort auch Handwerksbetriebe anzusiedeln. Die Veranstaltung heute und das Positionspapier liefern uns Ideen, wie dies gelingen kann. Auch wenn modulare Ansiedlungen wie das Streetbox-Areal in Niederwerrn bei uns nicht realisierbar sind, habe ich heute gute Impulse für meine Gemeinde mitgenommen."
Ludwig Nätscher, erster Bürgermeister Poppenhausen
"Für mich als Bürgermeister und ehemaliger Vertriebstrainer ist es wichtig zu agieren, anstatt zu reagieren. In unserem Gewerbegebiet konnten wir bereits über 300 Arbeitsplätze schaffen und es steht nun eine Erweiterung um weitere zehn Hektar an. In der Vermarktung setzen wir auch auf die Ansiedlung von Handwerksbetrieben. Das Positionspapier gibt uns konkrete Impulse, wie wir gute Rahmenbedingungen für diese Zielgruppe schaffen können."